Ende Januar hat „Transparency International“ den Korruptionswahrnehmungsindex CPI 2022 (Corruption Perceptions Index) veröffentlicht. Der CPI ist der weltweit bekannteste Indikator für den Grad der in Politik und Verwaltung wahrgenommenen Korruption eines Landes. 

Bewertet wird im CPI insbesondere der öffentliche Sektor, das heißt Politik und Verwaltung. Der Index fasst 13 Einzelindizes von zwölf unabhängigen Institutionen zusammen und beruht auf Daten aus der Befragung von Experten und Führungskräften.

Der CPI listet 180 Länder und Territorien auf einer Skala von 0 (sehr korrupt) bis 100 (sehr integer) auf. Der CPI 2022 zeigt eine beunruhigende weltweite Lage: Der Durchschnitt aller Länder liegt bei 43 Punkten, mehr als zwei Drittel der Länder erreichen weniger als 50 Punkte. 

An der Spitze des aktuellen CPI liegt Dänemark mit 90 Punkten. Dahinter folgen Finnland und Neuseeland mit je 87 Punkten, die im vergangenen Jahr noch gemeinsam mit Dänemark auf Platz 1 standen. Deutschland ist mit 79 Punkten auf Rang neun abgerutscht. Die vorderen Plätze belegen überwiegend Staaten mit besonders starken rechtsstaatlichen und demokratischen Institutionen. 

Den letzten Platz belegt Somalia mit zwölf Punkten, davor stehen Syrien (13), Südsudan (13), Venezuela (14), Jemen (16), Nordkorea (17) und Libyen (17) – alles Staaten, in denen staatliche Institutionen zerfallen und die von gewaltsamen Konflikten geprägt sind. Die Türkei (Rang 101, 36 Punkte) und Ungarn (Rang 77, 42 Punkte) sind die Länder, die in den letzten zehn Jahren die meisten Punkte verloren haben (je 13). Ausschlaggebend dafür ist die Beschneidung der Unabhängigkeit der Justiz, der Medien und Zivilgesellschaft, die für die Korruptionsbekämpfung und Eindämmung von Machtmissbrauch entscheidend sind. 

Ein Land, dass in den letzten zehn Jahren insgesamt sieben Punkte hinzu gewonnen hat, ist die Ukraine. Ihr werden Fortschritte bei der Korruptionsbekämpfung bescheinigt, da sie möglichst bald der EU beitreten möchte. Es wurden zum Beispiel eine Reihe neue Institutionen zur Korruptionsbekämpfung geschaffen, die auch vor hochrangigen Regierungsmitgliedern und Oligarchen nicht halt machen. Gerade wurden Razzien bei Oligarch Ihor Kolomojskyj (Unterschlagung bei Erdölgeschäften) und Ex-Innenminister Arsen Awakow (Beschaffung von Militärausrüstung) durchgeführt, in den letzten Wochen wurden bereits mehrere Regierungsmitglieder entlassen. Trotz der Maßnahmen liegt die Ukraine noch im unteren Drittel der Tabelle (Rang 116, 33 Punkte), der einzige europäische Staat, der noch darunter platziert ist, ist Russland (Rang 137, 28 Punkte). 

Deutschland hat mit 79 Punkten die niedrigste Punktzahl seit 2014 erreicht. Das liegt unter anderem daran, dass Deutschland seit zehn Jahren bei der Korruptionsbekämpfung nicht entscheidend voran kommt. Skandale wie die Corona-Maskenaffäre oder CumEx haben das Vertrauen in die Integrität von Politik und Wirtschaft geschwächt.

Nach der Einführung des Lobbyregisters fordert Transparency Deutschland auch einen Lobbybeauftragten, der die Angaben im Lobbyregister kontrollieren kann, ebenso wie den Einfluss externer Berater und Interessenvertreter bei der Ausarbeitung von Gesetzentwürfen. Schließlich sei eine Verschärfung des Gesetzes zur Abgeordnetenbestechung nötig. Es dürfe nicht sein, dass durch eine Gesetzeslücke der Missbrauch des Abgeordnetenmandats zur persönlichen Bereicherung straffrei sei. 

Ein weiterer wichtiger Bereich ist für Transparency Deutschland die Prävention und Bekämpfung von Wirtschafts- und Finanzkriminalität. Die Behörden müssten deutlich schlagkräftiger werden. Strafverfolgungsbehörden und Justiz bräuchten mehr Personal und eine bessere Ausstattung. Die Geldwäscheaufsicht müsse gestärkt und endlich ein Unternehmensstrafrecht geschaffen werden, denn Deutschland gelte weltweit als ein Schattenfinanzzentrum. 

Eine große Gefahr ist die „strategische Korruption“, die weltweit von autokratischen Staaten als Waffe gegen westliche Demokratien eingesetzt wird. Ziel ist es, Entscheidungstragende für ihre geopolitischen Ziele zu vereinnahmen, demokratische Institutionen und ganze Gesellschaften zu destabilisieren und deren nationale Sicherheit zu untergraben. Diese Form der Korruption ist auf strategische, langfristige Einflussnahme ausgelegt und auch ein wesentlicher Bestandteil des nichtmilitärischen Arsenals moderner Kriege („hybride Kriegsführung“). Ein aktuelles Beispiel ist der Korruptionsskandal auf EU-Ebene. Katar und Marokko erkauften sich laut Aussagen der belgischen Ermittlungsbehörden die Unterstützung prominenter Europaabgeordneter, inklusive der Vizepräsidentin des EU-Parlaments.

Quelle: CPI – Transparency International Deutschland

Bild von Amalil Wahid auf Pixabay