Die Idee der Brüsseler Bürokraten ist zunächst einmal positiv zu bewerten: Veränderung durch mehr Transparenz. Die Umsetzung jedoch erzeugt noch mehr Bürokratie unter der die Unternehmen sowieso schon leiden!
Mit der von der EU beschlossenen ‚Corporate Sustainability Reporting Directive‘ (CSRD) soll die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen vereinheitlicht und erweitert werden.
Wenn Unternehmen per Gesetz gezwungen werden, in einheitlicher Form über die Nachhaltigkeit ihrer Geschäftsaktivitäten zu berichten, entsteht zum einen Vergleichbarkeit und zum anderen werden sie ihre Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit verstärken (müssen), da die Erwartungen von Investoren, Kreditgebern und Kunden an ihre Nachhaltigkeitsperformance steigen.
Die CSRD verpflichtet große kapitalmarktorientierte Unternehmen sowie Banken und Versicherungen ab dem Geschäftsjahr 2025, umfassende Berichte über die ökologischen und sozialen Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit vorzulegen. Ab 2026 gilt die Berichtspflicht auch für kapitalmarktorientierte Mittelständler (KMU), sofern sie nicht von der Möglichkeit des Aufschubs bis 2028 Gebrauch machen. Betroffen sind schließlich Drittstaaten-Unternehmen mit 150 Millionen Euro Umsatz in der EU, deren Tochterunternehmen die festgelegten Größenkriterien erfüllen oder deren Zweigniederlassungen mehr als 40 Millionen Euro Umsatz erreichen.
Die CSRD verankert zudem die sogenannte doppelte Wesentlichkeit. Demnach sind Unternehmen verpflichtet, sowohl über die Auswirkungen des eigenen Geschäftsbetriebs auf Mensch und Umwelt als auch über die Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf das Unternehmen zu berichten.
Die von der EU beschlossenen Vorschriften müssen innerhalb von 18 Monaten von den Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene umgesetzt werden. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales schätzt, dass dadurch die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen in der EU auf rund 49.000 steigt.
Auch wenn die CSRD die Nachhaltigkeitsberichterstattung ausweitet und transparenter macht, wird sie von vielen Seiten als „ bürokratisches Monster“ kritisiert, das die Unternehmen mit erheblichen Kosten belasten wird. Unternehmen müssen detaillierte Angaben zu Ressourcenverbrauch, Kohlenstoffausstoß und Menschenrechten des eigenen Unternehmens und ihrer Lieferanten machen. Allein die doppelte Wesentlichkeitsanalyse umfasst über 1.100 Datenpunkte nach der European Sustainabilty Reporting Directive. Diese Anforderungen bedingen einen massiven administrativen Aufwand, der nach einer Berechnung des Bundesjustizministeriums die Wirtschaft einmalig mit knapp 750 Millionen Euro und jährlichen Folgekosten von fast 1,4 Milliarden Euro belasten wird.
Besonders betroffen sind davon mittelständische Unternehmen. Während Großkonzerne schon seit Jahren im Rahmen der European Financial Reporting Directive (EFRD) auf die Anforderungen vorbereitet sind, fehlen den KMU oft das nötige Know-how und die Ressourcen. Sie haben selten eigene Nachhaltigkeitsmanager und müssen sich externes Fachwissen einkaufen. Um die detaillierten Nachhaltigkeitsfragebögen beantworten und aufwändige Analysen durchführen zu können, müssen Sie in zusätzliche Mitarbeiter, Schulungen und eventuell externe Berater investieren.
Geschäftsreisen sind ein wesentlicher Verursacher von CO2-Emissionen und können die Nachhaltigkeitsbilanz eines Unternehmens negativ beeinflussen. Stark betroffen von der Kostenproblematik sind daher exportorientierte Unternehmen jeder Größenordnung, die häufig Mitarbeiter auf Geschäftsreisen rund um den Globus schicken. Der Branchenverband VDR kritisiert daher die deutsche Politik, die die Umsetzung der EU-Nachhaltigkeitsrichtlinie zu lange hinausgezögert habe. Die bisherigen Regelungen decken laut VDR nur einen Teil der ganzheitlichen Prozesskette ab. Für den Bereich Geschäftsreisen (Scope 3.6) fehlen verbindliche Berechnungsstandards, was in den Unternehmen zu Unsicherheiten hinsichtlich der Richtigkeit ihrer Daten führt. „Ohne klare und transparente Vorgaben besteht das Risiko, dass die Umsetzung der CSD-Anforderungen nicht die gewünschte Wirkung erzielt,“ schreibt der VDR.
Große Probleme bereitet Unternehmen im Bereich Geschäftsreisen das Erfassen dieser Daten, da sie in der CSRD unter den Scope 3.6 fallen, unter dem auch der indirekte Treibhausgasausstoß gemessen wird, der nicht unter der direkten Kontrolle des Unternehmens entsteht, wie CO2-Emissionen von Fluggesellschaften oder Hotels, aber auch die Emissionen, die Pendler bei der Fahrt ins Büro verursachen. Diese Emissionen sind oft nur mit sehr großem Aufwand zu erfassen, viele Hotels sind gar nicht in der Lage, die Daten zu liefern. Fluggesellschaften sind da schon einen Schritt weiter. Sie können relativ genau ihre CO2-Emissionen benennen, bieten auch immer mehr Kompensationsmöglichkeiten für die entstehende Umweltbelastung.
Während bei einer Geschäftsreise die meisten Emissionen durch den Transport verursacht werden, ist der Hotelaufenthalt nur ein kleiner „Schädling“. Anders sieht es bei der Teilnahme an Tagungen und Kongressen aus. Hier ist der Aufenthalt im Hotel ein wesentlich größerer Teil der gesamten Reise und entsprechend ein größerer Verursacher von schädlichen Treibhausgasen.
Aufgrund dieser Problematik gab es in der letzten Zeit immer mehr Kritik an der Verpflichtung für die Unternehmen, riesige Datenmengen auch von Lieferanten und Drittanbietern sammeln zu müssen. Berichte verschiedener Medien, dass die EU die Berichtspflicht der CSRD stark reduzieren und z.B. kleinere Unternehmen mit weniger als tausend Mitarbeitern ganz von der Berichtspflicht befreien werde, scheinen eher zweifelhaft. Ein Artikel des britischen Online Magazins ‚Responsible Investor‘ hatte das kürzlich angedeutet. Aus dem Bericht ging allerdings nicht hervor, ob dies auch den Scope 3 und damit den Bereich der Geschäftsreisen betreffen könnte. Zumindest ist von der EU-Kommission noch keine Verlautbarung in dieser Hinsicht erfolgt – die Hoffnung bleibt!
(red)