Die deutsche Geschäftsreisebranche befindet sich in einem fundamentalen Wandel. Die neueste Analyse des Verbands Deutsches Reisemanagement (VDR) für das Jahr 2024 zeigt deutlich, dass sich nicht nur das Volumen, sondern auch die Struktur von Geschäftsreisen nachhaltig verändert hat.
Dramatischer Rückgang bei steigenden Kosten
Mit 107,1 Millionen Geschäftsreisen verzeichneten deutsche Unternehmen 2024 einen Rückgang von 8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Noch drastischer wird das Ausmaß der Veränderung im Vergleich zu 2019 deutlich: Die Anzahl der Business Trips hat sich mit einem Minus von 45 Prozent nahezu halbiert. Während 2019 noch 195 Millionen Geschäftsreisen von deutschen Unternehmen unternommen wurden, sind es heute nur noch gut die Hälfte.
Paradoxerweise spiegelt sich dieser massive Rückgang nicht proportional in den Gesamtkosten wider. Mit 47,2 Milliarden Euro lagen die Ausgaben 2024 lediglich 15 Prozent unter dem Niveau von 2019. Diese Schere zwischen Volumen und Kosten führt zu einer bemerkenswerten Entwicklung: Die durchschnittlichen Kosten pro Geschäftsreise haben sich binnen fünf Jahren nahezu verdoppelt – von 238 Euro im Jahr 2019 auf 439 Euro im Jahr 2024.
Struktureller Wandel im Reiseverhalten
Der Kostenanstieg lässt sich nicht allein durch die allgemeine Preisentwicklung erklären. Vielmehr zeigt sich ein grundlegender Strukturwandel im Geschäftsreiseverhalten deutscher Unternehmen. Statt der früher üblichen Tagesreisen werden heute bevorzugt mehrere Termine zu Mehrtagesreisen gebündelt. Diese Effizienzsteigerung führt zwar zu weniger Einzelreisen, aber zu höheren Durchschnittskosten pro Trip.
Ein weiterer signifikanter Trend ist die Internationalisierung der Geschäftsreisen. Mehr als jede dritte Geschäftsreise führte 2024 ins Ausland – ein deutlicher Anstieg um 7 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. Während firmeninterne Meetings zunehmend virtuell durchgeführt werden, bleiben persönliche Kontakte zu internationalen Geschäftspartnern und Kunden unverzichtbar.
Verkehrsmittelwahl im Wandel
Die Verteilung der Transportkosten zeigt eine bemerkenswerte Entwicklung: Rund die Hälfte der gesamten Geschäftsreisekosten entfällt auf Transportmittel, wobei Flugzeug und Bahn mit 28 beziehungsweise 26 Prozent nahezu gleichauf liegen. Diese Annäherung der Werte deutet auf einen Trend zur Bahn hin, der sowohl von Nachhaltigkeitsüberlegungen als auch von praktischen Erwägungen getrieben wird.
Die Akzeptanz der Bahn als Alternative zum Flugzeug ist hoch, sofern sich die gesamte Reisezeit von Tür zu Tür um nicht mehr als drei Stunden verlängert. Diese Bereitschaft zum Verkehrsmittelwechsel zeigt sich auch in den Plänen der Travel Manager: 69 Prozent wollen ab 2025 Bahnreisen noch stärker fördern, 74 Prozent planen den verstärkten Einsatz von Elektrofahrzeugen und 64 Prozent wollen interne Richtlinien zur nachhaltigen Reisemittelwahl etablieren.
Prioritäten im Travel Management
Die aktuellen Herausforderungen spiegeln sich in den Prioritäten der Travel Manager wider. An vorderster Stelle steht die Reisesicherheit, die für 91 Prozent der Befragten höchste Priorität hat. Gefolgt wird sie von Zahlungsmitteln (86 Prozent) und Rechtsfragen im Zusammenhang mit EU- oder internationalem Recht (84 Prozent).
In den Top 10 der wichtigsten Themen finden sich außerdem Prozessoptimierung (82 Prozent), Pendeln (77 Prozent), Flottenmanagement (75 Prozent), Veranstaltungsmanagement (59 Prozent), Arbeitsbedingungen auf Reisen (55 Prozent), die Einbindung von Künstlicher Intelligenz (46 Prozent) und eine ganzheitliche Betrachtung (39 Prozent).
Fazit für Reiseprofessionals
Die VDR-Analyse zeigt deutlich: Die deutsche Geschäftsreisebranche hat sich von einem volumengetriebenen zu einem wertorientierten Markt entwickelt. Unternehmen reisen strategischer, internationaler und nachhaltiger. Für Reiseprofessionals bedeutet dies, dass sie ihre Beratungsleistungen entsprechend anpassen müssen – weg von der reinen Buchungsabwicklung hin zu strategischer Beratung bei Verkehrsmittelwahl, Nachhaltigkeitsaspekten und Sicherheitsfragen.
(red)