Fluggesellschaften sind für ihre Gewinne insbesondere auf Business-Class-Passagiere angewiesen. In diesem Jahr freuen sich fast alle Airlines weltweit über steigende Buchungszahlen, es scheint, dass die Corona-Krise überwunden ist.
Im Sommer waren es vor allem Touristen, die die Sitze wieder füllten, so dass die Nachfrage teilweise weit über dem Angebot lag. Erfahrungsgemäß gibt es aber nach dem Ende der Ferienzeit immer ein kleine Nachfragedelle, bevor im Herbst die Geschäftsreisenden kommen, die zwar zahlenmäßig weniger sind, aber viel mehr zahlen. Nicht zuletzt deshalb, weil sie früher häufig Business Class buchten.
Natürlich ist es verständlich, wenn Airlines die seit 2019 erlittenen Verluste so schnell wie möglich ausgleichen wollen. Einige versuchen, die Kuh zu melken, solange es möglich ist, denn im Hinterkopf lauert die Angst, dass im kommenden Herbst und Winter durch erneut steigende Infektionszahlen ein weiterer Einbruch drohen könnte. Also schraubt man die Tarife hoch und höher, was aber zum Boomerang werden kann, wenn der Bogen überspannt ist. Darüber berichtete gerade der Wirtschaftsinformationsdienst Bloomberg.
Business Class zu fliegen, konnten sich die meisten Reisenden auch früher nicht leisten. Dort saßen fast ausschließlich Mitarbeiter von Firmen, denen ihr Arbeitgeber auf Langstrecken den nötigen Komfort zugestand, damit sie am Zielort ausgeruht lukrative Verträge verhandeln konnten. Und natürlich spielte auch das Prestige eine nicht zu unterschätzende Rolle. Doch im Moment scheint ein kritischer Punkt erreicht zu sein, wenn die Airlines ihre Preispolitik nicht wieder ändern. Ein Beispiel: Heute kostet ein Hin- und Rückflug in der Business Class zwischen New York und Sydney bei United Airlines oder Qantas mehr als 20.000 US-Dollar, etwa doppelt so viel wie in der Zeit vor der Pandemie.
Nach einer Prognose der Global Business Travel Association (GBTA) werden die Business-Class-Tarife im kommenden Jahr um weitere 6,2 Prozent steigen (nach einer Erhöhung um bis zu 45 % in diesem Jahr). „Noch übersteigt die Nachfrage die in der Pandemie reduzierten Sitzkapazitäten“, wird Nick Vournakis, Executive Vice President beim Geschäftsreisemanagement-Unternehmen CWT zitiert, „aber irgendwann werden die Unternehmen sagen, genug ist genug“.
Natürlich sind die Unternehmen froh darüber, dass nach dem Wegfall der Coronarestriktionen der Reiseverkehr wieder weltweit in Gang gekommen ist. Andererseits hat sich gerade in der Corona-Krise ein starkes Kostenbewusstsein entwickelt. In vielen Fällen reicht das aktuelle Reisebudget nicht mehr aus, um Business Class zu buchen. Dann muss entweder Economy Class geflogen werden oder im schlimmsten Fall wird die Reise komplett storniert und eventuell durch eine Videokonferenz ersetzt. Eine andere Konsequenz könnte sein, dass ein Teil der früher Business Class verwöhnten Manager aussteigt, da sie nicht bereit sind, in der „Touristenklasse“ (auch „Holzklasse“ genannt) zu fliegen.
Die hohen Flugpreise lassen sich auch nicht durch die Lockangebote von Treueprogrammen der Airlines ausgleichen, denn letztlich entscheiden Unternehmen eher nach dem Preis als nach anderen Kriterien, um ihr Reisebudget nicht zu sprengen. Für die Fluggesellschaften bedeutet das, künftig bei ihrer Preiskalkulation vorsichtiger zu agieren. In diesem Jahr profitieren sie noch davon dass die angebotene Kapazität weltweit nach Angaben von OAG rund 25 Prozent unter dem Niveau von 2019 liegt. Sobald dieser Mangel an Sitzen wieder ausgeglichen ist, müssen die Preise nach unten angepasst werden.
Denn Virginia Fitzpatrick von der Beratungsfirma Partnership Travel Consulting in Sydney warnt die Airlines vor dem Risiko, „dass sich das Verhalten der Reisenden ändert, je länger sie sie nicht zurückholen“. Sie müssen aber alle Geschäftsreisenden zurückgewinnen, denn diese sind die Grundlage für ihre Rentabilität. Obwohl nur rund 10-12 Prozent aller Reisenden geschäftlich unterwegs sind, machen sie 75 Prozent des Gewinns einer Fluggesellschaft aus.