Reisen ist in der Nach-Pandemie-Zeit oft kein Vergnügen. Auch Geschäftsreisende leiden unter Flug- und Zugverspätungen oder Ausfällen, verlorenem oder fehlgeleitetem Gepäck und schlechtem Service in Hotels und Restaurants aufgrund von Personalmangel. In den meisten Fällen haben sie zumindest Anspruch auf finanzielle Entschädigungen. 

Wichtig dabei ist, zu wissen, wann und bei wem diese Ansprüche geltend gemacht werden müssen. 

Reiserechtsexperte Volker Henn-Anschütz hat bei „Haufe online“ die wichtigsten Maßnahmen zusammengefasst, die Reisende unter Einhaltung bestimmter Fristen ergreifen sollten: 

Flug

Mindestens drei Stunden vor Abflug am Flughafen eintreffen, Beweis zur Ankunftszeit sichern (z.B. Fotos vom Flughafen oder Abflugtafeln mit Zeitstempel, Parkticket). Laut der europäischen Fluggastverordnung hat jeder Passagier bei Verspätungen Anspruch auf finanzielle Entschädigung: bei mehr als drei Stunden sind es für Kurzstrecken (bis 1.500 km) 250 Euro, bei Mittelstrecken (bis 3.500 km) 400 Euro und bei Langstrecken 600 Euro.

Die Fluggastverordnung trennt nicht zwischen Privat- und Dienstreisen. Sie spricht ausschließlich vom „Fluggast“ als Anspruchsinhaber. Damit steht auch auf Dienstreisen die Entschädigung grundsätzlich dem Arbeitnehmenden zu, denn es handelt sich bei diesen um sogenannte höchstpersönliche Ansprüche (gilt ebenso für die Bahn), unabhängig davon, wer die Reise bezahlt oder gebucht hat. Die reisende Person muss selbst ihre Ansprüche geltend machen, nur sie kann die Ausgleichszahlung bzw. Erstattung empfangen. Ob der Reisende diese behalten darf oder an den Arbeitgeber abführen muss, ist firmenintern zu klären. Manche Firmen lassen sich bei Geschäftsreisen die Entschädigungsansprüche ihrer Mitarbeitenden abtreten. Dies kann über die Reiserichtlinie, den Dienstreiseantrag oder sogar direkt im Arbeitsvertrag geregelt sein. 

Viele Geschäftsreisende müssen bei der Ankunft am Ziel feststellen, dass ihr Koffer nicht da ist. Der Grund auch hier: massiver Personalmangel bei der Abfertigung. Bei Kofferverlust auf dem Hinflug haben Reisende je nach Fall Anspruch auf Fluggastentschädigungen und Flugpreisminderungen. Um diese zu erhalten, rät der Experte:

  • – Umgehend am Lost & Found Schalter melden (vor Verlassen des Flughafens)
  • – Einen sogenannten „PI-Report“ ausfüllen
  • – Sämtliche Einkaufsbelege von Ersatzkleidung sammeln
  • – Ausschlussfristen beachten: diese betragen 7 Tage bei Beschädigungen und 21 Tage für Gepäckverspätungen, daher ist es sinnvoll, den PI-Report sofort auszufüllen.

Wer Fristen nicht einhält, vergibt unter Umständen die Chance auf Entschädigungszahlungen. Empfehlenswert ist gerade bei Dienstreisen eine Reisegepäckversicherung, denn nicht selten ist bei Gepäckverlust der Schaden höher als über das Montrealer Übereinkommen (regelt Haftungsfragen im internationalen zivilen Luftverkehr) gedeckt. Es besteht auch die Möglichkeit, die Haftung der Airline bei wertvollem Gepäck zu erweitern. Hierfür muss das Gepäck gegen eine Zuzahlung gesondert deklariert werden.

Bahn

Mit ähnlichen Problemen haben auch Bahnreisende zu kämpfen, die Zahl der Zugverspätungen und Ausfälle ist auf einem historischen Höchststand. Nach einer Stunde können Fahrgäste zwar die Reise abbrechen und sich die Kosten erstatten lassen. Bei geschäftlichen Anlässen ist das aber selten eine Alternative. Daneben gibt es die so genannte Fahrpreis-Entschädigung: 25 Prozent des (Einzel-)Fahrpreises werden bei Verspätung zwischen einer und zwei Stunden erstattet, bei mehr als zwei Stunden sogar 50 Prozent. Bei mehr als 60 Minuten Verspätung müssen kostenlose Mahlzeiten und Erfrischungen im angemessenen Rahmen angeboten werden, einzelfallabhängig gibt es Anspruch auf kostenlose Hotelunterkunft oder Ersatzbeförderung (zum Beispiel nachts per Taxi).

Hotel

Um mögliche Ansprüche für einen mangelhaften Hotel-Aufenthalt durchsetzen zu können, sind diese Punkte zu beachten:

  1. Mängel bildlich dokumentieren (Beweise sichern);
  2. Sofortige Behebung des Mangels verlangen;
  3. Kontaktdaten von Zeugen aufnehmen.

Bei einer Geschäftsreise gilt die Reisezeit als Arbeitszeit. Das ist folglich auch bei unverschuldeten Verspätungen so, wenn man am Flughafen festsitzt und sich keine Ersatzbeförderung zu einem angemessenen Preis organisieren lässt („Schadenminderungspflicht“). Heute ist es allerdings in der Regel möglich, auch von unterwegs zu arbeiten. Wenn die entsprechende Ausstattung vorhanden ist, muss der Reisende das auch tun. Denn im Arbeitsrecht gilt der Grundsatz: kein Lohn ohne Arbeit. Die entstehenden Kosten (zum Beispiel Verbindungsgebühren) kann der Arbeitgeber dann bei der Fluggesellschaft oder Bahn einfordern.

Wenn sich der Arbeitgeber die Ansprüche auf Entschädigung bei Geschäftsreisen nicht hat abtreten lassen, kann er für den durch die Flugverspätung entstandenen Aufwand Schadensersatz von der Fluggesellschaft selbst fordern. Das betrifft u.a.:

  • Kosten für verlorene Arbeitszeit inklusive der Sozialversicherungsbeiträge;
  • Überstundenzuschläge und andere Zuschläge, die dem Arbeitnehmenden aufgrund der Verspätung zustehen;
  • Vertragsstrafen wegen nicht eingehaltener Termine;
  • entgangene Umsätze (zum Beispiel für einen verpassten Beratungseinsatz).

Im Gegensatz zur Entschädigung nach der EU-Fluggastrechteverordnung gibt es für Schadenersatz nach dem Montrealer Übereinkommen jedoch keine Pauschalen. Der Arbeitgeber muss hier konkret belegen, welcher Schaden ihm durch die Flugverspätung auf der Dienstreise entstanden ist, wobei der maximale Schadenersatz für Flugverspätungen aktuell pro Passagier etwa 5.900 Euro beträgt.

Quelle: haufe