Die gerade veröffentlichte „Naturkatastrophenbilanz 2022“ des Rückversicherers Munich Re beziffert die in 2022 weltweit entstandenen Schäden auf 252 Milliarden Euro. Im Jahr zuvor waren die Gesamtschäden mit knapp 300 Milliarden Euro zwar noch höher, aber das Jahr 2022 ordnet sich in die Reihe der letzten fünf Schadensjahre ein.
Die extrem hohe Schadensbilanz der Naturkatastrophen in den vergangenen Jahren erklärt sich nicht zuletzt daraus, dass diese eigentlich Umweltkatastrophen sind. Das bestätigt auch Thomas Blunck, der für diesen Bereich zuständige Vorstand der Munich Re. Er zeigt sich wenig optimistisch: „Der Klimawandel fordert zunehmend Tribut. Die Naturkatastrophenbilanz 2022 ist dominiert von Ereignissen, die nach dem Stand der Forschung stärker oder häufiger werden. Manche auch beides zugleich.“
Den größten finanziellen Schaden von rund 93 Milliarden Euro verursachte 2022 der Hurrikan „Ian“ in den USA, der im September mit Windgeschwindigkeiten von fast 250 km/h auf die Westküste Floridas traf. Solche starken Stürme wie „Ian“ passen zu den erwarteten Folgen des Klimawandels, schreibt der Münchner Rückversicherer in seiner Bilanz. Zwar gingen die Forscher mehrheitlich nicht davon aus, dass durch die Erderwärmung die Zahl der tropischen Wirbelstürme steige, wohl aber die Zahl der besonders starken Stürme mit extremen Regenfällen. Der Klimawandel verstärke generell die Wetterextreme.
Am Beispiel des Hurrikans „Ian“ zeigt sich noch ein weiteres Problem: der Unterschied zwischen den reichen und armen Teilen der Welt. Denn nur die reichen Länder können die hohen Prämien der Rückversicherer bezahlen, um den Großteil der durch Naturkatastrophen entstehenden Schäden abzusichern. Von den Gesamtschäden in den USA waren rund 55 Milliarden Euro versichert.
Ganz anders sieht es in Pakistan aus, wo im vergangenen Jahr die größte humanitäre Katastrophe stattfand. Dort hatte es aufgrund sehr schwerer Monsun-Regenfälle ausgedehnte Überschwemmungen gegeben, die durch die beschleunigte Gletscherschmelze infolge steigender Temperaturen noch verstärkt wurden. Mindestens 1.700 Menschen kamen in dem Hochwasser ums Leben, die direkten Schäden werden auf rund 14 Milliarden Euro geschätzt, versichert war davon fast nichts. Zahllose Menschen verloren ihr gesamtes Hab und Gut.
Vorstand Blunck weist ausdrücklich darauf hin: „Es ist erschreckend, was sich immer wieder zeigt: Naturkatastrophen treffen Menschen in ärmeren Ländern besonders stark. Prävention und finanzielle Absicherung etwa durch Versicherungen müssen daher höhere Priorität bekommen.“ Von den letztjährigen weltweiten Gesamtschäden (252 Mrd. €) waren nur rund 110 Milliarden Euro versichert.
Neben den immer deutlicher werdenden Folgen des Klimawandels war im vergangenen Jahr noch ein zweiter Faktor für die Naturkatastrophen-Bilanz wichtig: Im dritten Jahr in Folge herrschten La-Niña-Bedingungen, ein Klimaphänomen, das im Südpazifik entsteht. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für Hurrikane in Nordamerika, für Hochwasser in Australien, Hitze und Trockenheit in China oder stärkere Monsun-Niederschläge in Teilen Südasiens.
Extreme Hitze und Dürre gefolgt von starken Gewittern mit schwerem Hagel prägten den Sommer in vielen Ländern Europas. In Deutschland und Italien führten Flüsse so wenig Wasser, dass die kommerzielle Schifffahrt stark beschränkt werden musste. Hitze und Trockenheit begünstigten Waldbrände – die dabei verbrannte Fläche in der Europäischen Union war mit rund 800.000 Hektar zweieinhalb Mal so groß wie im Schnitt der vorherigen 15 Jahre. Auch wenn durch Unwetter und Hagelstürme Milliarden-Schäden entstanden – wie in den USA war auch hier der weitaus größte Teil versichert.