Am 7. September 2021 hat der Bundestag beschlossen, dass Arbeitgeber von ihren Beschäftigten in Kitas, Schulen und Pflegeheimen Auskunft über eine Coronaimpfung oder eine Genesung verlangen können.

Einige Politiker sprachen sich gleich für eine Ausweitung auf alle Betriebe aus. In der Praxis haben sich schon jetzt bestimmte Varianten durchgesetzt, die sich juristisch aber in einer Grauzone bewegen. Prof. Dr. Volker Nürnberg, Partner Advisory Gesundheitswirtschaft BDO, gibt Auskunft.

Begründet wurde das Vorhaben damit, dass in den betroffenen Einrichtungen „besonders vulnerable Personengruppen betreut werden oder untergebracht sind beziehungsweise aufgrund der räumlichen Nähe zahlreiche Menschen einem Infektionsrisiko ausgesetzt sind.“ Arbeitgeber könnten durch die Informationen die Arbeitsorganisation so ausgestalten, „dass ein sachgerechter Einsatz des Personals möglich ist und gegebenenfalls entsprechende Hygienemaßnahmen treffen“. Die Daten sind direkt beim Beschäftigten zu erheben. Die Freiwilligkeit der Entscheidung über die Inanspruchnahme von Impfschutz bleiben unberührt.

Weiterhin sind lediglich rund die Hälfte der Arbeitnehmer/innen vollständig geimpft. Eine generelle Impfauskunftspflicht, unter anderem auch für die Kantine, wird vorerst jedoch nicht eingeführt. Zu groß sind zum Teil die juristischen Bedenken, da es sich um personenbezogene Daten im Sinne von Artikel 9 DSGVO in Verbindung mit §26 Abs. 3 BDGS handelt.

Seltene Ausnahmen sind gegebenenfalls möglich. Zudem darf ein Arbeitgeber fragen, ob sich ein oder eine Beschäftigte im Urlaub in einem Risikogebiet aufgehalten hat. Grundsätzlich gilt aber: Arbeitnehmer/innen können auch dann nicht arbeitsrechtlich (Abmahnung, Kündigung etc.) belangt werden, wenn sie sich entgegen der Bitte oder des Rates des Unternehmens nicht impfen lassen.

In der Praxis haben sich trotzdem bestimmte Varianten durchgesetzt, die sich juristisch zum Teil in einer dunklen Grauzone bewegen:

  • Es wurden Betriebsvereinbarungen mit dem Betriebsrat geschlossen, in denen die Mitarbeitenden dringend gebeten werden, ihren Impfstatus offenzulegen.
  • Einige Unternehmen, besonders aus dem Startup-Bereich, nutzen die Luca-App um Mitarbeitende einzuchecken, oder gar die Corona-Warn-App der Bundesregierung, bei denen zum Teil auch der Impfstatus ersichtlich ist. Dies geschieht meist jedoch auf freiwilliger Basis.
  • Viele Unternehmen haben eine Maskenpflicht mit der (inoffiziellen) Regelung, dass vollständig Geimpfte sie nicht umsetzen müssen.
  • Einige Unternehmen testen alle Mitarbeitenden täglich beziehungsweise bei jedem Besuch am Arbeitsplatz, womit der aktuelle Impfstatus in den Hintergrund tritt.

Ob die Auskunftspflicht auf alle Betriebe ausgeweitet wird oder nicht: Die Frage bleibt bestehen, welche Konsequenzen ein Unternehmen aus der Information ziehen könnte, dass bestimmte Beschäftigte nicht geimpft sind. Gerade in den Pflegeberufen soll eine besonders niedrige Impfquote herrschen. Wenn ein Krankenhaus nun über die Information verfügt, dass Schwester XY nicht geimpft ist, müsste es sie konsequenterweise vom Patienten abziehen. Dies käme einem Berufsverbot gleich.

Aber auch in den Office-Berufen, z.B. in einem Großraumbüro mit 50 Mitarbeitenden und zehn Ungeimpften, kann man sich schwer ausmalen, was eine generelle Impfauskunftspflicht zur Folge haben könnte. Sollen alle Nicht-Geimpften isoliert werden? Sollen sie in einer Ecke, in einem separaten Büro kaserniert werden? Oder belohnt man sie und lässt sie, um Infektionen im Unternehmen zu vermeiden, von zu Hause aus arbeiten? Dies scheint alles kaum vorstellbar, das allgemeine Gleichbehandlungsgesetzt schwebt als Damoklesschwert über allen Maßnahmen. Eine Stigmatisierung der ungeimpften Mitarbeiter wird aber mittelfristig eintreten.

Quelle