In Mallorca werden gerade wieder Protestaktionen gegen den Übertourismus vorbereitet. Auf der spanischen Ferieninsel ist für die einheimische Bevölkerung eine Grenze erreicht – und wahrscheinlich schon überschritten.
Immer häufiger wird nun die Frage gestellt, wer letztlich für den Übertourismus in beliebten Hotspots verantwortlich ist und wer deshalb auch in die Verantwortung genommen werden muss, für Abhilfe zu sorgen.
Mit 20 Millionen Touristen wird in diesem Jahr ein neuer Rekord auf der Insel Mallorca erwartet, wodurch die Probleme für die einheimische Bevölkerung weiter verschlimmert werden: Wohnungsmangel und horrende Immobilienpreise ebenso wie die steigenden Lebenshaltungskosten zwingen immer mehr Einheimische dazu, in Wohnwagen zu wohnen oder die Insel ganz zu verlassen. Die Infrastruktur ist längst an ihre Grenze gestoßen und die Umweltbelastung zerstört die Natur und damit die Schönheit der Insel.
In ihrer Verzweiflung geht die Bevölkerung nun vom höflichen Widerstand zur direkten Konfrontation mit den Touristen über, wie es auch in anderen touristischen Hochburgen der Fall ist. Selbsthilfegruppen wie SOS Residents haben in einem offenen Brief Touristen aufgefordert: „Kommen Sie nicht! Sie sind die Ursache unserer Probleme.“ Denn alle von der Politik und der Bevölkerung eingeleiteten Maßnahmen wie Sondersteuern, Touristenobergrenzen, Eintrittspreise, höhere Flugpreise, Verbot ausländischer Investitionen in Immobilien, Entzerrung der Saison über das ganze Jahr haben das Problem des Massenandrangs nicht lösen können.
Daher wird nun immer häufiger und immer lauter darüber diskutiert, ob nicht die Unternehmen der Tourismusbranche schuld an der Misere sind , da sie mit ihren Angeboten erst die Touristenmassen in einzelne Städte und Regionen geleitet haben und nun folgerichtig auch dafür zu sorgen hätten, die Ströme umzuleiten. Viele Kritiker sind der Meinung, dass die Reiseunternehmen, die das Problem geschaffen haben, auch dafür verantwortlich seien, es zu lindern oder aus der Welt zu schaffen.
Bisher wurde die Lösung des Problems Übertourismus der Bevölkerung in den überrollten Destinationen und ihren überforderten Politikern aufgebürdet. Mittlerweile aber setzt sich die Erkenntnis durch, dass die Lösung von Übertourismus eine Aufgabe der Anbieter ist, denn sie spielen eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung des Reiseverhaltens. Sie bestimmen, was den Touristen angeboten wird, vom Reiseziel über die Unterkünfte bis zu speziellen Reiseerlebnissen.
Das Management von Übertourismus muss von der Angebotsseite kommen – durch die Förderung weniger bekannter Reiseziele und zur Not auch über die Durchsetzung von Besucherzahlgrenzen. Die Anbieter können Reisende über Nebensaisons aufklären und die Besucherströme zu weniger überfüllten Orten in weniger überfüllten Zeiten lenken. Denn Reisende brauchen Unterstützung, um nachhaltige Entscheidungen zu treffen. Beliebte Reiseziele bleiben beliebt und werden immer große Menschenmengen anziehen. Die Herausforderung besteht darin, die Nachfrage zu steuern und gute Alternativen anzubieten.
(red)