Wer schon alles erlebt hat, vom Heli-Skiing bis Wildwasser-Rafting oder das Besteigen von Achtausendern, und über genug Geld verfügt, sucht immer neue Kicks. Dabei werden auch kaum noch kalkulierbare Risiken eingegangen. Das Geschäft mit Extremreisen wächst und wird immer lukrativer.
Das Geschäft mit extremen Reisezielen erlebt in den letzten Jahren einen wahren Boom. Eine Studie von Grand View Research hatte den weltweiten Markt für Abenteuerreisen im Jahr 2021 auf 282 Milliarden Dollar beziffert, was noch nicht das Ende der Fahnenstange ist. Zumindest bis zum Ende dieser Dekade wird mit einem weiteren Wachstum gerechnet. Natürlich ist es ein Markt für die Wohlhabenden in der Gesellschaft, aber die sind offensichtlich bereit, viel Geld für exklusive Erlebnisse auszugeben. Allein Kunden aus den USA sorgten bei den Veranstaltern für fast 43 Milliarden US-Dollar Umsatz. Und sie sind bereit, im Marktsegment „harte Abenteuer“, das rund 20 Prozent der Extremreisen ausmacht, immer mehr Risiken einzugehen.
Ein Beispiel mit tragischem Ausgang war vor wenigen Wochen die Tauchfahrt zum Wrack der Titanic. Alle fünf Teilnehmer an Bord des in Eigenregie zusammengebauten Tauchboots „Titan“ kamen dabei ums Leben. Sie hatten dem Veranstalter Oceangate nach Medieninformationen einen sechstelligen Betrag bezahlt, obwohl das U-Boot nicht klassifiziert und nach Ansicht von Experten für Tauchgänge in der Tiefsee nicht sicher genug war. Ignoriert wurde offensichtlich, dass sich privat gebaute U-Boote in einem unregulierten Rechtsbereich bewegen und von Regierungsorganisationen wie dem ‚American Bureau of Shipping‘ gar nicht geprüft und abgenommen werden können.
Es ist davon auszugehen, dass die Insassen der Titan das wussten und das Risiko trotzdem eingegangen sind. Ähnlich hoch dürften die Risiken sein, die Menschen akzeptieren, wenn sie mit privaten Unternehmen wie ‚Blue Origin‘ von Amazon-Gründer Jeff Bezos, ‚Virgin Galactic‘ des britischen Milliardärs Richard Branson oder ‚SpaceX‘ des ebenso reichen Elon Musk ein paar Minuten oder eine Stunde in den Orbit fliegen wollen. Bereits kurz nach Ankündigung ihrer Pläne für kommerzielle Flüge ins All wurden die anfangs noch raren Plätze gverkauft wie warme Semmeln, lange bevor die erste Rakete überhaupt zu Testflügen gestartet war – für 200.000 bis 300.000 US-Dollar und ohne zu wissen, welchen Risiken und Gefahren man sich dabei aussetzen würde.
Wie das „Handelsblatt“ zuerst berichtete, wird das Angebot an Extremreisen immer größer, wobei es für die Teilnehmer einzig darum zu gehen scheint, dass nicht jeder sich dieses Erlebnis gönnen kann, weil es für die meisten schlicht zu teuer ist. Eine Woche im Privatjet zum Südpol bietet z.B. der Veranstalter ‚White Desert‘ für knapp 100.000 US-Dollar an – und ist für diese Saison fast ausgebucht.
Dass dieser Markt boomt, bestätigen auch die großen Versicherer. Bei ’squaremouth.com‘ stieg der Verkauf von Versicherungspolicen für Abenteuerreisen wie den Antarktis-Trip zwischen 2019 und 2022 um 28 Prozent. Auch ‚Global Rescue‘-Chef Dan Richards bestätigte gegenüber dem „Wall Street Journal“, dass der Verkauf von Policen für Abenteuer- und Luxusreisen am schnellsten zunimmt. Wobei extrem risikoreiche Reisen wie die des Tauchboots ‚Titan‘ gar nicht versicherbar sind, da das Boot nicht klassifiziert war – und trotzdem gingen Menschen für viel Geld an Bord.
Bild von Jakob Boman auf Pixabay