Dass die Corona-Pandemie den Geschäftsreise- und Tagungsmarkt tiefgreifend verändert hat, ist mittlerweile eine allgemein akzeptierte Erkenntnis. Aber wie der Markt sich in Zukunft weiter entwickeln wird, darüber gehen die Meinungen unter den Branchenteilnehmern auseinander.
Nicht nur Unternehmen machen sich darüber Gedanken, sondern auch die betroffenen Leistungsanbieter wie Hotels, Fluggesellschaften oder Autovermieter.
Um für die Zukunft besser gerüstet zu sein, hat Accor, einer der größten Hotelkonzerne der Welt, im vergangenen Jahr das Diskussionsforum „Masters of Travel“ ins Leben gerufen. Dabei sollen Unternehmensführer verschiedenster Branchen wie Pharmazie, Unterhaltung, Technologie, Finanzen, Industrieanlagen und Dienstleistungen an einen Tisch gebracht werden und gemeinsam mit dem Senior Management Team von Accor die Prioritäten der Unternehmen, die auch die Hospitality-Branche betreffen, diskutieren. Darauf aufbauend soll dann eine Vision für die Entwicklung von Geschäftsreisen abgeleitet werden. Im Mai hatte Accor zur zweiten „Masters of Travel“-Runde eingeladen.
Themen auf der Agenda waren die Rückkehr des Geschäftsreisen-Segments und die nötigen Veränderungen für die Branche und die Reisenden. Auf der Tagesordnung standen die primären Bedürfnisse des Marktes, inklusive der Themen Loyalty für B2B-Gäste, Hotel-Pricing, Development und Nachhaltigkeit.
Sophie Hulgard, SVP Sales Northern Europe, Accor und Co-Gastgeberin von Masters of Travel, sprach einleitend davon, dass ihr Konzern in diesem Jahr einen Rückgang der Geschäftsreisen um 20 Prozent im Vergleich zu 2019 erwarte, ein anderer Teilnehmer der Runde ging sogar von einem Minus von 50 Prozent aus. Die Gründe sind bekannt: Technologien haben während der Pandemie die Notwendigkeit zum Reisen stark gemindert.
Einig waren sich die Experten allerdings in dem Punkt, dass ein hoher Prozentsatz an Reisen auch in Zukunft bestehen bleibe, nämlich die Reisen, die als erfolgsentscheidend für das Geschäft eingeschätzt werden. Denn grundsätzlich würden Produktivität und Umsatz steigen, wenn Menschen sich face-to-face treffen könnten.
Hulgard: „Viele Prognosen gehen davon aus, dass der Geschäftsreiseverkehr langfristig zurückgehen und nicht mehr das Niveau vor der Pandemie erreichen wird. Wir glauben jedoch an den Wert von Geschäftsreisen, insbesondere an das Zusammentreffen von Teams, um neue Kontakte zu knüpfen, Strategien zu entwickeln und Geschäfte abzuschließen.“ Eine Untersuchung von Accor aus dem vergangenen Jahr belegt dies: Danach erwarten Fachkräfte von persönlichen Treffen im Schnitt 23 Prozent mehr Geschäftsabschlüsse pro Jahr als bei virtuellen Meetings.
Ein weitgehender Konsens bestand unter den Teilnehmern darüber, dass sich die Prioritäten bei Geschäftsreisen stark verschoben haben: Künftig werde der Aspekt der Nachhaltigkeit ein entscheidendes Kriterium sein, ob geschäftliche Reisen noch als beruflich, wirtschaftlich und persönlich sinnvoll erachtet werden oder aus Gründen des Klima- und Umweltschutzes verzichtbar seien. Die Firmenvertreter machten den Hotelmanagern klar: „CO2-Emissionen zu kompensieren, ist nicht mehr ausreichend. Unsere Hotelpartner müssen nachweisen können, dass sie den CO2-Fußabdruck von Geschäftsreisenden aktiv reduzieren.“ Zu erwarten sei, dass Unternehmen schon sehr bald ein Emissions- anstatt eines Kosten-Budgets haben würden.
Folgende Methoden können dabei helfen, Geschäftsreisen nachhaltiger und sinnvoller zu gestalten:
- Vergleich von Hotel- und Transportoptionen mit Hilfe von CO2-Rechnern, um Reisende und Buchende für die CO2-Kosten ihrer Reisen zu sensibilisieren. Tools wie der Carbon Calculator von Accor erhöhen das Bewusstsein und das Verständnis, indem die CO2-Auswirkungen der gesamten Reise aufgeschlüsselt werden.
- Förderung längerer „Bleisure“-Aufenthalte (Kombination von Geschäft und Vergnügen), was in der Vergangenheit nicht immer wohlwollend betrachtet wurde. „Vier oder fünf Kunden auf einer Reise zu treffen, statt nur einen oder zwei, bedeutet weniger Reisen und weniger Kohlendioxid-Ausstoß“, so ein Teilnehmer.
- Laut einer Accor-Umfrage plant jeder zehnte Beschäftigte, seinen Urlaub/Freizeit zu verlängern, indem er mobil arbeitet. 53 Prozent schätzen die Freiheit, von überall aus arbeiten zu können – eine Flexibilität, die Unternehmen die Möglichkeit bietet, sowohl ihre Arbeitgebermarke als auch ihren CO2-Fußabdruck zu verbessern.
- Auf hohe Nachhaltigkeitsstandards bestehen und kein „Greenwashing“ akzeptieren. Falsche Angaben von Partnern, was die Umweltauswirkungen von Geschäftsreisen betrifft, können schnell zum Boomerang werden, wenn diese auffliegen. „Hotels ohne ein klares, grünes und zielorientiertes Nachhaltigkeitsprogramm, werden zukünftig als Partner nicht mehr in Frage kommen“, so ein Delegierter.
- Die Gastronomie kann Geschäftsreisende dazu ermutigen, bei ihren Geschäftsessen nachhaltigere Menü-Entscheidungen zu treffen, indem über die CO2-Bilanz von Gerichten proaktiv aufgeklärt wird.
- Auf starke Referenzen von Lieferanten bestehen, nicht nur in Bezug auf ökologische Nachhaltigkeit, sondern auch in Bereichen wie Geschäftsethik, verantwortungsvoller Tourismus, Engagement für die Gemeinschaft, Vielfalt und Inklusion.
Fazit von Hulgard: „COVID-19 hat einen Wandel in der Wahrnehmung und Abwägung von ‚notwendigen Reisen‘ herbeigeführt, den wir als bewusste Entscheidung für nachhaltigeres Reisen ohnehin vorausgesagt haben. Heute können mehr Meetings über Zoom und Teams stattfinden, was in Hinblick auf Effizienz, Zeitmanagement und den CO2-Fußabdruck von Unternehmen sinnvoll ist. Was jedoch mit Sicherheit auch in Zukunft bleibt, sind Nutzen bringende und zielgerichtete Reisen, für Unternehmen und Geschäftsleute.“
Das „Business of Travel Whitepaper“ von Accor finden Sie hier